Seit etwa drei Jahrzehnten baut sich eine tiefgreifende Veränderung der Gesellschaft auf, die getrieben wird von der Verschiebung des Kräfteverhältnisses zwischen Markt und Politik zulasten der Demokratie, der Entbettung der Wirtschaft aus sozialen Bindungen sowie den ökologischen Grenzen des Wachstums. Wir nennen diese Veränderungen die Transformation der Gesellschaft.
Wir leben in einer spannenden Zeit, in der wir mehr denn je die Zukunft in unserer Hand haben. Seit drei Jahrzehnten baut sich eine tiefgreifende Transformation der Nachkriegswelt auf, die entweder sozialökologisch gestaltet wird oder in erbitterte Verteilungskämpfe und neue Gewalt führt. Auslösende Eckpunkte sind folgende:
die erneute Entbettung der Wirtschaft aus sozialen Bindungen, wie vom Wiener Wirtschaftshistoriker Karl Polanyi beschrieben. Die Folge ist – wie der Finanzkapitalismus zeigt – eine radikale Marktgesellschaft, die die Gesellschaften spaltet, neue Ungerechtigkeit schafft und Freiheit gefährdet;
die Verschiebung des Kräfteverhältnisses zwischen Markt und Politik zulasten der Demokratie, weil durch die Globalisierung der Märkte und die Digitalisierung der Welt der Nationalstaat geschwächt wurde;
die ökologischen Grenzen des Wachstums, die – wie die Überlastung der natürlichen Senken, der Höhepunkt der Ölförderung oder der Klimawandel zeigen – schon überschritten sind, so dass Wohlstand nicht mehr auf Kosten der Natur geschaffen werden darf.
Die Vereinten Nationen fassten diese Entwicklungen in der Bewertung zusammen, dass es nie zuvor in der menschlichen Geschichte eine Situation gegeben hat, in der die Dringlichkeit eines Umbaus so hoch war. Die Transformation findet also statt und spitzt sich zu. Aber sie kann nicht mehr beantwortet werden wie im letzten Jahrhundert, denn der Wohlfahrtsstaat war der Nationalstaat und das Wachstum gerät an seine Grenzen.
Wir leben in einer Zeit, in der die Folgen der vom Menschen gemachten Naturzerstörung immer deutlicher werden: Klimawandel, Wetterextreme, Peak Oil, Umweltflüchtlinge. Trotzdem wird immer noch viel zu wenig in die Energie- und Verkehrswende oder in eine Kreislaufwirtschaft investiert.
Denn wir leben auch in einer Zeit, in der die schlimmsten Auswirkungen der gegenwärtigen Umweltzerstörung verhindert werden können. Dabei ist die Verbindung von ökologischer und sozialer Gerechtigkeit eine Schlüsselfrage für die Zukunftsfähigkeit moderner Gesellschaften.
Wir NaturFreunde sind ein Verband der Nachhaltigkeit. Diese Leitidee zeigt die Wege auf, zu mehr Demokratie und Gerechtigkeit und damit zu einer Welt zu kommen, die weder Mangel noch Überfluss kennt."
Auf Initiative von Michael Müller, Bundesvorsitzender der NaturFreunde Deutschlands, geben der Deutsche Gewerkschaftsbund, der Deutsche Naturschutzring, der BUND, die Deutsche Umweltstiftung, EuroNatur, das Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft, der Gesprächskreis Die Transformateure
sowie die NaturFreunde Deutschlands
gemeinsam movum - Briefe zur Transformation heraus, die der Einordnung der Ökologie in gesellschaftspolitische Zusammenhänge dienen sollen.
movum sucht mutige Konzepte, die den Herausforderungen – Armut und Ungleichheit, Klimaänderungen, Verknappung von Energie, Wasser und biologischer Vielfalt – mit einer ganzheitlichen Vision des humanen Fortschritts begegnen. Denn movum fördert die Debatte über die sozialökologische Transformation.
Wir NaturFreunde rufen die Zivilgesellschaft auf, vor allem die Mitglieder in Umweltorganisationen, Kulturverbänden, Gewerkschaften, Sozial- und Frauenverbänden, humanistischen Verbänden, Kirchen und anderen Glaubensgemeinschaften, mit uns für einen neuen sozialen und ökologischen Gesellschaftsvertrag einzutreten.
Unser Maßstab ist das Notwendige, nicht das vermeintlich nur Mögliche. Wir wollen die menschlichen Fähigkeiten auf die sozialökologische Transformation konzentrieren. Der ökologische Fußabdruck der Menschen darf die Regenerationsrate der Natur nicht übersteigen. Auch das ist eine Gerechtigkeitsfrage.